Mehrwertige Alkohole – Die „gesunden“ Süßstoffe?

Mehrwertige Alkohole – auch Zuckeralkohole – sind derzeit im wahrsten Sinne des Wortes „in aller Munde“ und versprechen kalorienarmes, gesundheitsbewusstes Süßen. Doch was ist dran an den vielen Gesundheitsversprechen und den Vorteilen, die sie vor allem beim Abnehmen haben sollen? Sind mehrwertige Alkohole gesund oder schaden Sie damit sogar Ihrem Körper?

Was sind mehrwertige Alkohole?

Der Name mag zunächst etwas irreführend sein, denn es handelt sich hierbei nicht um Hochprozentiges. Trotz ihres Namens enthalten Zuckeralkohole kein Ethanol, das in alkoholischen Getränken, wie Wodka oder Gin, enthalten ist. Somit haben mehrwertige Alkohole nicht dieselbe toxische Wirkung auf Ihre Leber und können Sie auch nicht betrunken machen. Was sie jedoch enthalten, ist ein süßes Aroma – und zwar meist eine Menge davon.

Mehrwertige Alkohole fallen in die Kategorie der Zuckerersatz-Stoffe, sind allerdings keine klassischen, künstlichen Süßstoffe, wie Aspartam oder Sucralose. Denn diese Stoffe treten auch in der Natur vor, zum Beispiel in einigen Pflanzenarten. Zu erkennen sind sie an der Endung „-itol“, die im Produktnamen teils auch auf „-it“ gekürzt wird. Hier ein paar Beispiele:

  • Xylit/ol
  • Erythrit/ol
  • Sorbit/ol
  • Mannit/ol
  • Lactit/ol
  • Maltit/ol

Zuckeralkohole sind, im Gegensatz zu den künstlich hergestellten Süßstoffe, nicht völlig kalorienfrei. Aber sie sind deutlich kalorienärmer als Zucker, der es auf 4 Kalorien/Gramm bringt. Xylit hat hingegen durchschnittlich 2,4 Kalorien/Gramm, Erythrit hat 0,2 Kalorien/Gramm, Sorbit hat 2,6 Kalorien/Gramm und Mannit 1,6 Kalorien/Gramm.

Das macht mehrwertige Alkohole zu einem beliebten Süßungsmittel in Diätrezepten und zu einem vermeintlich „gesunden“ Zuckerersatz. In den letzten Jahren wurden zudem die verschiedenen gesundheitlichen Vorteile in der Presse in höchsten Tönen gelobt. Manche Menschen bevorzugen sie auch gegenüber anderen Süßstoffen, weil sie pflanzlicher Natur sind – so wird Mannitol beispielsweise aus Algen gewonnen. Dadurch erscheinen sie weniger stark verarbeitet und natürlicher als Aspartam, Saccharin & Co.

Doch „natürlich“ heißt nicht zwangsläufig, dass sie auch „gesund“ sind: Lebensmittel sind gut oder schlecht für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden, weil sie sich in bestimmter Art und Weise auf den Körper auswirken. Auch „kalorienarm“ bedeutet nicht automatisch, dass Dinge „gesünder“ sind und selbst gesundheitsbezogene Aussagen sind teilweise mehr Schein als sein. Wagen wir daher einen Blick auf die gesundheitlichen Vorteile und die tatsächlichen Gefahren von mehrwertigen Alkoholen.

Mehrwertige Alkohole, Blutzucker & Ihr Gewicht

Eine der bekanntesten Aussagen in Bezug auf Zuckeralkohole ist, dass sie eine antidiabetische Wirkung haben – daher werden sie oftmals in zuckerfreien Kaugummis oder Süßigkeiten verwendet. Fakt ist: Die enthaltenen Kohlenhydrate können nicht vollständig in den Blutkreislauf aufgenommen werden und verursachen daher einen geringeren Blutzuckeranstieg als Haushaltszucker. Theoretisch sollten mehrwertige Alkohole zum Abnehmen daher sehr nützlich sein (obwohl es in diesem Fall am besten wäre, überhaupt keine Süßstoffe zu verwenden).

Es gibt einige Studien, die auf einen antidiabetischen Effekt von Xylitol hindeuten, jedoch wurden diese ausschließlich an Ratten durchgeführt. Eine Studie zeigte, dass Xylitol bei Ratten, die eine 10%-ige Xylitol Lösung zu trinken bekamen, den Blutzucker und die Glukosetoleranz positiv beeinflusst. (1) Doch eine solche Lösung zu trinken, wäre für uns Menschen undenkbar – sie wäre unerträglich süß.

Eine weitere Studie ergab, dass Ratten, die eine kalorienreiche Ernährung erhielten, weniger viszerales Bauchfett entwickelten, wenn sie pro 1 oder 2 Gramm Xylitol je 100 Kalorien aufnahmen. (2) Der Haken an der Sache: In der Kontrollgruppe wurde Xylitol durch Stärke ersetzt. Eine klare Schlussfolgerung, ob der positive Effekt auf die Entwicklung von Bauchfett auf das Hinzufügen von Xylitol oder das Fehlen zusätzlicher Kohlenhydrate zurückgeht, ist fraglich.

An Menschen wurden die Effekte mehrwertiger Alkohole auf den Blutzucker bisher nur wenig qualitativ hochwertig untersucht. (3) Die Studienlage deutet allerdings daraufhin, dass der herkömmlich aufgenommenen Mengen keinen signifikant „antidiabetischen“ Effekt aufweisen. Eine bessere Wirkung als bei spezifischen, blutzuckersenkenden Nahrungsmitteln kann nicht festgestellt werden.

Mehrwertige Alkohole und Ihre Zahngesundheit

Ein weiterer großer Nutzen, der Zuckeralkoholen zugesprochen wird, ist ihre positive Wirkung auf die Gesundheit der Zähne. Vor allem Xylitol und in weniger starkem Ausmaß Erythritol sind hierfür bekannt.

Hier scheint tatsächlich etwas Wahres dran zu sein, denn einige Studien konnten die zahnfreundliche Wirkung von Xylitol und teils auch Erythritol belegen. (4) Bedenken Sie allerdings, dass jedes zuckerfreie Süßungsmittel oder auch der vollständige Verzicht auf zusätzliches Süßen einen positiveren Effekt auf Ihre Zähne hat als purer Zucker.

Der Nutzen für Ihre Zahngesundheit ist nicht enorm groß, aber er scheint für diese zwei Zuckeralkohole zu existieren.

Der große Nachteil: Mehrwertige Alkohole und Ihr Darm

Mehrwertige Alkohole haben auch ihre Schattenseiten, darunter vor allem ihre schwere Verdaulichkeit und die Auswirkungen auf Ihren Darm.

Vielleicht haben Sie bereits von sogenannten FODMAP-Lebensmitteln gehört? Dies sind bestimmte Arten von Kohlenhydraten, die Blähungen, Verstopfungen, Durchfall, Gasbildung und andere Verdauungsbeschwerden bei Menschen hervorrufen, die sensitiv darauf reagieren. Das „P“ in FODMAP steht für „Polyole“, ein Synonym für mehrwertige Alkohole und damit fallen sie in diese Kategorie der darmunfreundlichen Lebensmittel.

Auch in anderen, natürlichen Lebensmitteln stecken diese Polyole, zum Beispiel in Steinobst (z.B. Kirschen oder Aprikosen), in Pilzen oder Blumenkohl. Wenn Ihr Darm empfindlich auf diese Dinge reagiert, ist es wahrscheinlich, dass Sie auch mit mehrwertigen Alkoholen Probleme haben.

Diese Kohlenhydrate können von Ihrem Körper nicht vollständig verdaut werden, jedoch sind solche unverdaulichen Bestandteile ein wahres Festessen für Ihre Darmflora – und die Folgen können äußerst unangenehm für Sie sein.

Möglicherweise können mehrwertige Alkohole auch Ihre Darmflora verändern. Eine Studie zeigte, dass Mäuse, die eine 5%-ige Xylitol-Diät erhielten (5% der Nahrung bestand aus Xylitol) nach einem Monat eine veränderte Darmflora aufwiesen. (5) Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass Polyole einen derart hohen Anteil in Ihrer Ernährung haben. Zum Vergleich: Um 5% Ihrer täglichen Kalorien aus Xylitol zu gewinnen, müssten Sie über 100 Stück Xylitol-gesüßtes Kaugummi am Tag essen.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass nicht jeder Mensch sensibel auf FODMAP-Kohlenhydrate reagiert. Dennoch sollten Sie den vollständigen Verzicht auf Lebensmittel, die mehrwertige Alkohole enthalten, für mindestens 2 Wochen ausprobieren und dann versuchen, sie wieder zu integrieren.

Fazit

Mehrwertige Alkohole sind weder absolut gesundheitsschädlich noch ein „Superlebensmittel“. Wenn Sie derzeit nicht Bestandteil Ihrer Ernährung sind, gibt es keinen wirklichen Grund, damit anzufangen. Tatsächlich können Sie, bei einer FODMAP-Sensitivität zu sehr unangenehmen Konsequenzen führen – etwas, das Sie meist erst bemerken, wenn Sie diese Dinge von Ihrem Speiseplan streichen.

Ein weiteres Problem, das auch mehrwertige Alkohole nicht lösen: Je mehr man hiervon isst, desto mehr verlangt der Körper danach. Wenn Sie hingegen vollständig auf Süßstoffe verzichten, werden Sie feststellen, dass ihr Verlangen nach Zucker dramatisch nachlässt und alle möglichen, natürlichen Lebensmitteln anfangen, „süß“ zu schmecken.

Der ideale „Zuckerersatz“ ist im Endeffekt ein vollständiger Verzicht auf Zucker und alle Ersatzprodukte. Sofern Sie nicht sensitiv auf Polyole reagieren und Kalorien sparen möchten, empfiehlt sich die Verwendung geringer Mengen Xylitol. Eine weitere Alternative ist Kokosblütenzucker, der zwar ebensoviele Kalorien wie Zucker enthält, jedoch den Blutzucker weniger stark ausschlagen lässt. Auch hier gilt: Die Menge macht das Gift.

2 KOMMENTARE

    • Hallo Bettina,

      wie im Artikel erwähnt, haben mehrwertige Alkohole (wie Erythrit) sowohl Vorteile als auch Nachteile. In geringen Mengen ist die Einnahme von Erythrit oder Xylit aber durchaus vertretbar.

      Vitale Grüße,
      Ihr Team von „Vital und Fit“

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